Freitag, 14. Februar 2014
Gender-Mainstreaming? Hen!
Liebe Leserin, lieber Leser, oder, vielleicht, liebes… Leseres,

Ich muss etwas recht Unschönes gestehen.

Nein, ich gab keine vollständige Selbstanzeige beim Finanzamt über meine unversteuerten Zinseinnahmen aus einem Vermögen auf einem prall gefüllten Schweizer Konto ab. Natürlich ist es besser, eins zu haben und irgendwann mal Tabula rasa zu machen, als keins zu haben und deswegen immer ehrlich sein zu müssen. Und ich gab das Lebensziel, viel zu verdienen und reich zu werden, auch noch nicht auf. Nur die Schweiz wird es wohl nicht mehr sein: Zu wackelig schon das Bankgeheimnis, zu penetrant deutsche Geheimdienste, zu gierig die Bankangestellten, und die Schweizer selbst scheinen von (fast hätte ich gesagt “uns“) Deutschen die Nase voll zu haben. Aber Hand aufs Herz, jeder, der in einem überwiegend deutschen Stadtviertel wohnt, kann sie irgendwie verstehen.

Und nein, meine Kreditkartendaten tauchten auf Abrechnungen für irgendwelche zwielichtigen Kinderbilder im Ausland nicht auf. Wer dafür bezahlt, ist ja selber schuld. Schließlich kann man diese heutzutage ohne überschwängliche Mühe auch kostenlos im Web finden. Das ist jedoch in den Zeiten, in denen jeder für jeden Wimpernschlag und jede Pixel möglichst viel Geld haben will, eine durchaus gute Nachricht. Man(n) teilt seine Vorlieben mit anderen aus Nächstenliebe einfach so. Kinderschänder aller Länder, vereinigt euch!

Aber ich drifte vom eigentlichen Thema ab. Es ist viel leichter, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Dabei ist meine Beichte wohl kaum besser, wenn gar nicht schlimmer.

Nun kommt sie: Ich halte vom Gender-Mainstreaming nicht besonders viel.
Dabei bleibe ich dennoch völlig politisch korrekt.

„Wie das denn?“ Würde jetzt eine engagierte Frauenrechtlerin wie Alice Schwarzer wohl empört dazwischen rufen, ihren Moraldildo bedrohlich schwingend: „Gender-Mainstreaming abzulehnen und politisch korrekt zu sein passt genau so wenig zusammen wie… eine Spitzenverdienerin und eine ehrliche Steuererklärung!“

Gemach, gemach! Die Erklärung dafür ist einfach: Wenn ein moderner Mann eine eigene Meinung darüber überhaupt haben darf, dann soll sie bitte mit der einer Frau konform sein. Und ich sage mit aller Gewissheit: Meine Frau hält davon gar nichts.

Neulich klickte sie sich spätabends auf der Suche nach neuen Fernseherfahrungen durch die Kanäle durch und landete auf „Arte“.
„Na!“ Würde der/ die/ das kritische Leser/in/e seinen/ ihren Finder hochhalten. „Wer länger „Arte“ schaut und sich dann über psychische Folgeschäden beklagt, hat es nicht besser verdient!“
Wohl wahr, wohl wahr! Aber ätzende, uns völlig unbekannte Möchtegern-Promis in tropischen Klimaverhältnissen mag meine Frau nicht, und abnehmende schwitzende sowie jammernde Dicke quälen sich an einem anderen Tag. So schaute sie sich eine Dokumentation über die moderne politisch korrekte geschlechtslose Erziehung schwedischer Kinder an, mit Puppen ohne Pipi und das Erlernen des dafür neu erfundenen geschlechtslosen Personalpronomens „hen“ – weder „er“ noch „sie“, weder Fisch noch Fleisch.
Darüber war sie so geschockt, dass, als ich dazu kam und sie mir darüber erzählte, ich mich genötigt sah, meine geschlechtliche Identität zu bekennen und ihr sexuelle Avancen zu machen. Angesichts des langen Tages und des verlockend weichen, völlig geschlechtsneutralen Sofas war das mit einer nicht unerheblichen Einschränkung meiner Selbstbestimmung und persönlichen Freiheit verbunden, doch welche Opfer bringt man(n) nicht im Kampf der Geschlechter! Darauf murmelte meine Frau etwas wohl nicht ganz politisch Korrektes über mich, Männer, Schweden, Kinder und den Rest der Welt, drehte sich um und schlief ein.
Ich akzeptierte ihre Vorreiterrolle in dieser Lage, machte es mir neben ihr bequem und schlummerte ein unter dem Gequassel über Intoleranz und Unterdrückung eines homosexuellen "Hens" mit Pupillen so groß und glasig wie die Untertassen aus der Kaiserin-Sissi-Zeit. Einer Zeit, in die sich wohl auch manch eine engagierte Frauenrechtlerin für einen-zwei Augenblicke zurück gewünscht haben mag, als es für eine Edelfrau noch völlig politisch korrekt war, Narzisstin zu sein und ihr Geld für schöne Kleider und edlen Schmuck auszugeben, anstatt es vor der Steuergier des Pöbels zu verstecken. Einer Zeit, in der die einzig damals bekannte Frauenbewegung sehr diskret hinter verschlossenen Türen stattfand, und darüber hinter vorgehaltener Hand getuschelt und nicht offen in alle Welt geschrieen/ gepostet wurde.

Hen, hens, henom!

... comment